Stadtgeschichte

Für die Stadt Pärnu spielten in der Vergangenheit kriegerische Angriffe und Zerstörungen eine elementare Rolle bei ihrer Entwicklung bis zur heutigen Kur – und Badestadt. Wurde die Stadt unter dem Namen Alt-Pernau (Vana Pärnu) um 1250 gegründet, so zerstörte ein litauisches Heer schon 1263 zum ersten Mal die Stadt. 1265 wurde Neu-Pernau gegründet, die Stadt erhielt im Jahr 1318 erweiterte Stadtrechte und entwickelte sich durch den Anschluss an die Hanse zu einer wirtschaftlich erfolgreichen Hafenstadt. Aber auch in Pärnu machte sich der Nordische Krieg (1558 – 1583) bemerkbar, in dem Schweden, Polen, Dänemark und Russland um die Macht und den Handel an der Ostsee kämpften.



Letztlich entschied 1617 Schweden die kriegerische Auseinandersetzung für sich und eroberte die Stadt Pärnu. Unter schwedischer Herrschaft blühte der Handel und Neu-Pernau wurde zu einer wohlhabenden Stadt. Die kriegerischen Unruhen des zweiten Nordischen Krieges von 1655 – 1660 zwischen Polen-Litauen und Schweden wurden nach vielen blutigen Schlachten im Vertrag von Oliva ( Kloster Oliva bei Danzig) beendet und Schweden behielt die Macht über Estland und Livland für die nächsten 50 Jahre, bevor es erneut zu Auseinandersetzungen kam. Im Wissen um einen drohenden Krieg wurde die Universität von Tartu (Academia Gustaviana 1632) im Jahr 1699 nach Pärnu verlegt (Academia Pernaviensis). Als Russland unter der Führung von Zar Peter 1710 die Schlacht für sich entschieden hatte, wurde die Universität geschlossen und erst 1802 als Kaiserliche Universität zu Dorpat (Tartu) unter Zar Alexander I. in Tartu erneut eröffnet. Im grossen Nordischen Krieg (1700 – 1721) versuchten Russland, Sachsen-Polen und Dänemark-Norwegen gemeinsam, Schweden die Herrschaft über den handelsstarken Ostseeraum wieder streitig zu machen, was ihnen nach vielen verlustreichen Kämpfen im Jahr 1718 endgültig gelang. Die territorialen Ansprüche der siegreichen Länder wurden in diversen Friedensverträgen geregelt und Russland übernahm die Gewalt über Livland und Estland.
Die Stadt Pärnu wurde unter der Fremdherrschaft baulich erneuert und erweitert, profitierte vom Hafen und der direkten Lage an der Ostsee und wurde bereits 1838 zum ersten Kurort im russischen Reich. Hochrangige und begüterte Russen, aber auch gut situierte Deutsch-Baltische Kaufleute besuchten im Sommer die Kurstadt, liessen sich in den Kuranstalten verwöhnen oder genossen die langen Sandstrände.
Das Leben war äusserlich ruhiger geworden, aber die estnische Bevölkerung lehnte sich im Verborgenen immer mehr gegen ihre Besetzer auf. Als eines der bedeutsamsten Zeichen der zunehmenden nationalen Abgrenzung entstand 1857 durch Johann Voldemar Jannsen die erste estnischsprachige Zeitung, die „Pärnuer Postbote“ hiess, in Pärnu. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der Esten führten im Jahr 1918 zum Erfolg, nachdem in der Februarrevolution 1917 der russische Zar Nikolaus II. auf starken Druck der Bevölkerung abdanken musste und die Russen im „ Frieden von Dorpat“ 1920 die estnische Unabhängigkeit anerkannten. Erst mit Abschluss des „Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt“ 1939 waren für Russland erneute Kriegshandlungen in den Baltischen Staaten möglich, um das ehemals von ihnen besetzte Land zurück zu erobern. Zeitgleich wurde in Pärnu die längste Betonbrücke (255 m) Estlands fertig gestellt und die erste Schiffslinie nach Stockholm eröffnet. Bei russischen Bombenangriffen im Jahr 1944 wurde das Stadtzentrum und die Brücke in Pärnu stark zerstört. Im Jahr 1952 entstand das neue Stadtzentrum der nunmehr russischen Kurstadt und auch die Brücke wurde wiederhergestellt. Wenn man heute von Tallinn nach Pärnu reist, überquert man diese beeindruckende 255 m lange Betonbrücke aus dem Jahr 1939 und landet direkt in der Altstadt von Pärnu..
Die Menschen in Estland sollten viele Jahre unter russischer Gewaltherrschaft leben, ehe sie im Jahr 1991 endgültig selbstverwaltet über ihr Land bestimmen konnten. 1994 gründete die Universität von Tartu das „Pärnu College“ (Ringi 35) in Pärnu als Teil der Mutteruniversität und unterrichtet mittlerweile mehr als tausend Studenten in den Bereichen Tourismus & Hotelmanagement, Verwaltung und Soziales, Betriebswirtschaft und Projektmanagement. Die Stadt Pärnu hat sich im Laufe der Jahre als beliebter Ferien – und Erholungsort einen Namen über die Grenzen Estlands hinaus gemacht und ist stets bemüht, mit zahlreichen Konzerten, Theateraufführungen oder Musikfestivals ihren Gästen den Urlaub so angenehm und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.