Insel Saaremaa (Ösel)
Wer einen Ausflug auf die gösste Insel (2671 qkm) Estlands plant, will auf Saaremaa natürlich in die seit 1840 bekannte Kurstadt Kuressaare (Arensburg), denn da schon seit dieser Zeit viele Menschen aus Estland und dem benachbarten Ausland in den Badeort kamen, um das milde Seeklima zu geniessen und neue Energien aufzubauen, hat die Inselstadt ihren Touristen genügend kulturelle Abwechslung und Unterhaltung zu bieten.
Die Stadt Kuressaare wurde vom deutschen Orden rund um die Bischofsburg mit einem Wassergraben und einer starken Befestigungsmauer angelegt. Über eine Brücke gelangt man in die Festung und das heutige Museum für Inselgeschichte. Im Stadtzentrum von Kuressaare stehen noch viele denkmalgeschützte alte Stein – und Holzhäuser, die recht gut erhalten und sehenswert sind. Der Hafen von Kuressaare im Süden der Stadt existiert schon seit dem 12. Jahrhundert, wurde aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer beliebten Anlaufstelle für Yachten und auch kleinere Boote, die hier vor Anker gehen. Etwas ausserhalb der Stadt Kuressaare liegt der Kaali-Meteoritenkrater (Kaali Meteoriidikraater). Bis heute hält sich in der Bevölkerung von Saaremaa der eine oder andere Mythos über die Entstehung des bekannten Kraters, aber in der Realität geht man von einem Meteoriteneinschlag vor beinahe 4000 Jahren aus, der für das kreisrunde Kraterloch verantwortlich ist. Über die Jahre hat sich der Krater gefüllt und ist zu einem fast 50 m breiten Wasserloch geworden, das die Touristen auf Saaremaa eigentlich immer auf ihrer Liste der Sehenswürdigkeiten haben. Ungefähr 35 km von Kuressaare entfernt – auf dem windigen Mühlenhügel bei dem Dorf Angla – befinden sich noch fünf von einst über 800 Windmühlen, die es auf der gesamten Insel Saaremaa gegeben hat. Heute existieren auf der restlichen Insel nur noch vereinzelt halb verfallene Mühlen, die zu einer Art Wahrzeichen von Saaremaa geworden.
Die Insel Saaremaa bietet ihren Besuchern jede Menge Hotels, Ferienwohnungen, Restaurants und allerhand Sehenswürdigkeiten, um den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Auch kulturell bemüht sich die Stadt um ein abwechslungsreiches Sommerprogramm. So finden im Juli die Operntage, im August die Kammermusiktage auf der Bischofsburg statt. Ebenfalls Anfang August startet die „Saaremaa Seewoche“ mit verschiedenen Musikveranstaltungen, Bootsausflügen und Tanzdarbietungen, die zum Teil auch am Hafen der Insel stattfinden. Für sportlich interessierte Besucher ist die Teilnahme an der Saaremaa-Radtour im Juni vielleicht ein Anreiz, die Insel kennen zu lernen. Im Oktober kommen bei der 42. Saaremaa-Ralley Freunde des Automobilsports auf ihre Kosten, denn die 450 km lange Rennstrecke führt nicht selten zu spektakulär anmutenden Crashs.
Für Tagestouristen ist die Anreise eigentlich zu lang, denn die Fahrt mit einem Fernreisebus von Tallinn nach Kuressaare inklusive der Fähre dauert vier Stunden, etwas länger als eine Anreise mit dem Auto. Mit dem Flugzeug, das zwei mal täglich von Tallinn nach Saaremaa fliegt ist man natürlich schneller was die reine Flugzeit angeht, aber der Aufwand und die Kosten sind für einen Tagesausflug doch zu überlegen. Daher sollte man sich für diese Insel mit ihren insgesamt 30.000 Einwohnern etwas mehr Zeit nehmen und von der Beschaulichkeit auf der Insel profitieren. Allein über 1000 km lang ist die Küste Saaremaas mit zahlreichen kleinen Buchten und Sandstränden, die zum Baden einladen.
Die meisten Gäste kommen jedoch auf die Insel, um durch die unglaublich schöne und noch sehr ursprüngliche Natur zu wandern oder mit dem Rad an einen der zahlreichen Seen zu fahren und die Angel auszuwerfen. Im Oktober beisst vielleicht ein frischer Lachs an und bereichert den Speisezettel. Im Herbst fühlen sich auch Jäger in dieser üppigen Landschaft wohl und versuchen einen Elch, einen Rehbock oder ein Wildschwein zu erlegen. Die passenden Pfifferlinge oder Steinpilze als Beilage zu einem delikaten Wildschweinrücken sind ab Mitte August in fast jedem Wald zu finden, man muss sich nur auf den Weg machen, bevor die Einwohner von Saaremaa alle Pilze gefunden haben. Wer sich für nicht kundig genug in Sachen „Pilze“ hält, auf den Genuss aber nicht verzichten möchte, kann auf den Märkten in Saaremaa zu günstigen Preisen sein „Pilzkörbchen“ füllen. Auch das Beerensammeln erfreut sich hier grösster Beliebtheit, denn das Preisselbeerkompott zum Wilschwein ist natürlich selber hergestellt und wird z.B. auch in den Restaurants und Cafes zu herzhaften oder süssen Pfannkuchen angeboten.
Ornithologen (Vogelkundler) treffen in den zahlreichen geschützten Vogelbrut – und Naturschutzgebieten (Nationalpark Vilsandi, Naturpark Viidumäe) auf seltene Vogelarten und haben im Frühjahr und Herbst die Möglichkeit, Tausende von Zugvögeln – unter ihnen auch jede Menge Störche und Wildenten – auf ihrer „lautstarken“ Durchreise zu beobachten.
Das milde Seeklima begünstigt auch das Wachstum zahlreicher seltener Pflanzen auf der Insel Saaremaa, von denen 120 Arten als geschützt gelten. Südlich von Kuressaare liegt die Halbinsel Sörve, ein sehr wenig besiedeltes Gebiet mit wilden Orchideenfeldern und Wacholderhainen, die wunderschön anzusehen sind. Bei einer solchen Vielfalt an sehenswerter Flora und Fauna auf der grössten Insel Estlands wundert es nicht, das die Besucherzahlen stetig steigen. Die Einwohner der Insel schaffen es trotz des zunehmenden touristischen Interesses die „Ruhe“ zu bewahren und sich ihre Natürlichkeit zu erhalten.